Tschunas erste Wochen

Tschunas erste Wochen

von Dr. Arne Lawrenz
Am 22. August 2010 kamen morgens im Zoo Wuppertal zwei kleine Sibirische Tiger zur Welt. Die Freude darüber war sehr groß. Leider überlebte von den Zwillingen allerdings nur das Tigermädchen Tschuna, während ihr Bruder bei der Geburt verstarb. Tigermutter Mymoza kümmerte sich etwa eine Woche lang gut um das Jungtier. Tierpfleger und Tierarzt ließen Mutter und Tochter in dieser Zeit ungestört, um eine enge Bindung der beiden zu ermöglichen. Leider entwickelten sich die Dinge aber nach knapp einer Woche dramatischer als erhofft. Am Samstag, 28. August, meldeten die Tierpfleger vormittags, das Mymoza ihr Jungtier aus der Wurfbox geschleppt hat und viel herumträgt – ein schlechtes Zeichen! Mymoza wurde weiter beobachtet und es wurde entschieden, dass nicht eingegriffen wird, um es nicht zu einer Handaufzucht kommen zu lassen. Mymoza sollte es alleine schaffen, oder Tschuna würde sterben! Am Nachmittag schließlich ließ Mymoza das Jungtier alleine und es lag auf dem Fußboden des Innenstalls. Es war kein Problem, Mymoza von dem Jungtier abzuschiebern, sie interessierte sich nicht mehr dafür. Tschuna lag reglos im Stall, sie schien tot zu sein. Als die Tierpfleger den toten Körper herausnehmen wollten, tat Tschuna jedoch plötzlich noch einen Atemzug – sie lebte also doch noch! Nun wurde sie schnell in die Veterinärstation gebracht, wo ihr unter einem Sauerstoffzelt ein Venenkatheter gelegt wurde, über den sie mit Flüssigkeit und Elektrolyte versorgt werden konnte.

Ganz langsam und vorsichtig, damit sie dabei nicht zuviel Energie verbraucht, wurde sie dann wieder erwärmt. Es war klar, dass nun doch versucht werden sollte, die kleine Tschuna – anders als geplant – von Hand aufzuziehen. Und da sich bei den folgenden Untersuchungen keine Infektionen oder sonstige Krankheiten zeigten, kam sie zunächst in die Obhut des Tierarztes, der sie mit nach Hause nahm, wo sie noch am selben Abend zum ersten mal Milch aus der Flasche bekam. Wie ein kleiner Säugling wurde sie auch in der Nacht mehrmals vom Tierarzt gefüttert. Und wie ein kleiner Säugling tat Tschuna in den ersten Tagen auch nicht viel mehr als Essen und Schlafen und zwischendurch mal Urin und Kot abzusetzen.


Am nächsten Tag (Sonntag) wurde Tschuna dann noch weiterhin zusätzlich über einen Tropf versorgt, bevor am Montag schließlich die Ernährung komplett auf die Flasche umgestellt werden konnte. Nach etwa einer Woche war Tschuna schließlich soweit stabilisiert, dass sie von den Tierpflegern weiter versorgt werden konnte. Sie sollte von mehreren Personen versorgt werden, um eine „Prägung“ auf einen einzigen Menschen zu verhindern – denn später soll Tschuna ja möglichst wieder zu ihren Artgenossen zurückkehren!

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Eine Antwort auf Tschunas erste Wochen

  1. Anke sagt:

    Hallo Tschuna,
    der Bericht über deine ersten Wochen klingt ja dramatisch… Umso besser, dass am Ende alles ein gutes Ende gefunden hat. Übernächste Woche werden wir dich besuchen.
    Bis dahin